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Zur Umgehung der Vorschriften für den Betriebsübergang durch eine "Beschäftigung- und Qualifizierungsgesellschaft"

Dient die kurzfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses alleine der Umgehung der Regelungen zu Betriebsübergängen, ist der zugrunde liegende Vertrag unwirksam.


Vorab: Nach den gesetzlichen Regeln zu einem Betriebsübergang tritt der neue Arbeitgeber in die Verträge des Veräußernden mit seinen Arbeitnehmern ein. Ihn trifft somit die Pflicht, die Arbeitnehmer zu den bisherigen Konditionen weiter zu beschäftigen. Genau diesen recht kostspieligen Vorgang versuchte der Erwerber eines Betriebes ab zu umgehen.

Nachdem der Betrieb in die Insolvenz gegangen war, wurde er durch den Insolvenzverwalter im Rahmen einer sogenannten übertragenen Sanierung an einen Dritten verkauft. Vor dem Verkauf hatte der Verwalter bereits einen neuen Tarifvertrag geschlossen, der u.a. die Übernahme von einem Großteil der Belegschaft durch den neuen Eigentümer vorsah. Nach dem Erwerb wurde den Arbeitnehmern im Rahmen einer Betriebsversammlung ein Vertrag vorgelegt, der das Ausscheiden aus der Firma zum 01.06.2008 um 00.00 Uhr vorsah. Gleichzeitig wurden jedem Arbeitnehmer vier, als Angebot des Arbeitnehmers ausgestaltete, Formulare zum Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einer "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" vorgelegt. In einer solchen wird gerne das Personal organisiert, wohingegen der eigentliche Betrieb mit Arbeitsmitteln, Werkhallen usw. in einer anderen Gesellschaft organisiert ist. Ein Angebot war dabei unbefristet, die anderen Angebote sahen unterschiedliche Befristungen des Arbeitsverhältnisses vor. Dieses neue Arbeitsverhältnis sollte am 01.06.2008 um 00.30 Uhr, als eine halbe Stunde nach dem Auflösungsvertrag beginnen. Der klagende Arbeitnehmer unterzeichnete die Formulare und in der Folge nahm der neue Eigentümer ein auf zwanzig Monate befristetes Angebot für ein Arbeitsverhältnis an. Knapp ein Jahr später folgte die erfolgreiche Klage auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer.

Das Bundesarbeitsgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Geschehnisse als "Umgehungsgeschäft" zu werten sind, mit denen die rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs gemieden werden sollten. Aus den Umständen würde sich klar ergeben, dass der Arbeitnehmer nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden sollte. Dafür sprechen die durch den Insolvenzverwalter geschaffenen Rahmenbedingungen und die Art der Abläufe auf der Betriebsversammlung. Die Folge daraus ist die Unwirksamkeit der geschlossenen Vereinbarung.
 
Bundesarbeitsgericht, Urteil BAG 8 AZR 572 11 vom 25.10.2012
Normen: § 613a BGB
[bns]