Mitglied in den Arbeitsgemeinschaften Mietrecht und Mediation
des Mannheimer Anwaltvereins
Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien
des Deutschen Anwaltvereins
Offenlegung der Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens eines Wohnungseigentümers in der Eigentümerversammlung verstößt nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Die Verbreitung von nachteiligen aber wahren Tatsachenbehauptungen über eine Person kann gegenüber dem Informationsinteresse Dritter unterliegen, so dass gegen die Verbreitung wahrer nachteiliger Tatsachen nicht vorgegangen werden kann.
In dem Verfahren wandte sich ein Wohnungseigentümer gegen die Verbreitung der zutreffenden Äußerungen, dass gegen seine Eigentumseinheit ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet und ein Termin zur Zwangsversteigerung festgesetzt wurde. Zudem wurde auf der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft über diese Ereignisse unter einem gesonderten Tagesordnungspunkt berichtet und das Gesprochene wurde protokolliert. Insbesondere wurde explizit darauf hingewiesen, auf künftige Wohngeldrückstände zu achten und gegebenenfalls sofort gerichtliche Maßnahmen einzuleiten. Der Kläger sah hierdurch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt.
Das Gericht entschied, dass der Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist. Bei wahren Tatsachen hat der Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die wahren Tatsachenbehauptungen hinzunehmen, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen und grundrechtlich geschützter Belange der Parteien die Meinungsfreiheit zugunsten der die Äußerungen tätigenden Partei überwiegt.
Darüber hinaus sind wahre Tatsachenbehauptungen nur dann rechtswidrig, wenn sie die Intim- oder Privatsphäre bzw. eine andere besonders geschützte Sphäre betreffen und sich nicht durch ein besonderes Interesse rechtfertigen lassen bzw. einen Persönlichkeitsschaden anzurichten drohen, der nicht im Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht.
Zwar kann die Offenbarung wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu einer Herabsetzung des Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch führen. Dieser Schluss muss jedoch nicht zwangsläufig gezogen werden, mithin gab der Kläger selber an, die Zwangsversteigerung erfolge nur aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit der finanzierenden Bank. Mildernd berücksichtigte das Gericht auch, dass die persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen nicht offengelegt wurden. Zudem wurden die Äußerungen nicht in der allgemeinen Öffentlichkeit getätigt, sondern lediglich im geschlossenen Kreis der Wohnungseigentümergemeinschaft, mithin ist die Wohnungseigentümerversammlung nicht öffentlich.
Das berechtigte Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an der Kenntnis von der Zwangsversteigerung, sieht das Gericht aufgrund eines möglicherweise bevorstehenden Zahlungsausfalls hinsichtlich des Wohngeldes des Betroffenen, der dann von den übrigen Wohnungseigentümern zu tragen bzw. aufzufangen ist.
Oberlandesgericht München, Urteil OLG Muenchen 15 U 4931 10 vom 24.01.2011
Normen: GG Art. 2, 5; StGB § 193; BGB §§ 823, 1004